Mit Protest, Aktivismus und sozialen Bewegungen in der späten Sowjetunion und dem postsowjetischen Russland beschäftige ich mich seit Mitte der 1990er Jahre. Damals interessierten mich vor allem nationalistische und antinationalistische (darunter antifaschistische) Vereinigungen verschiedenster Art. Mit Beginn des neuen Protestzyklus Ende 2011 begann ich, gestützt auf diese Beobachtungen, mit der Erforschung anderer Formen von Mobilisierung. Das Ergebnis war das weltweit erste Buch über die Protestbewegung 2011-13, das zunächst auf Deutsch als „Putin kaputt!? Russlands neue Protestkultur“ erschien und später in einer komplett überarbeiteten und erweiterten englischen Fassung als „Protest in Putin’s Russia“. Grundlage des Buchs war – neben Interviews und eigener Feldforschung – die PEPS-Datenbank, eine systematische Sammlung von Fotos, Berichten und Slogans von Protestereignissen in ganz Russland und im Ausland. Mehr als strategische Aspekte von Protest oder seine Bedeutung als Indikator für gesellschaftlichen Wandel faszinieren mich seine interne Dynamik und die verschiedenen Regime des Engagiertseins in Protest. Daneben interessiere ich mich auch für die Geschichte und Theorie von Gewaltfreiheit sowie für die Rolle von Materialität und sozialen Medien im Protest. Einen weiteren Forschungsbereich bilden strukturelle Parallelen und Gemeinsamkeiten zwischen Protest- und Gedenkbewegungen.
Seit 2020 beschäftige ich mich zudem mit dem Protest in Belarus — einem Land, in dem ich in den letzten Jahren im Zusammenhang mit meiner Forschung zur Geschichte der sowjetischen Kriegsdenkmäler viel Zeit verbracht habe. Gemeinsam mit meiner Kollegin Nelly Bekus habe ich zum belarussischen Protest Themenhefte der Zeitschriften Slavic Review und Communist and Post-Communist Studies zusammengestellt.
Auf dieser Seite sind meine Veröffentlichungen und Vorträge zum Protest (auf Deutsch, Russisch, Englisch, Französisch und Portugiesisch) sowie Interviews mit mir zu diesem Thema (auf Deutsch, Russisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Griechisch und Katalanisch) verzeichnet.
Stimmen zur deutschen Ausgabe:
„eines der besten Bücher über die russische Gesellschaft, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe“Jens Siegert, ehemaliger Leiter des Moskauer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung
„Tiefenbohrung in die russische Gesellschaft“Julian Hans in der „Süddeutschen Zeitung“
„die brillante Analyse einer Bewegung […] Immer wieder geht der Autor in die russische Geschichte zurück, um Formen gesellschaftlicher Mobilisierungen und des gewaltfreien Widerstandes gegen autoritäre Macht in Russland verständlich zu machen. Dadurch vermeidet er klischeehafte Vergleiche mit den Farbenrevolutionen in der Ukraine und Georgien.
Gabowitsch macht keine Vorhersagen, er erforscht den Protest, indem er zunächst einmal eine ungeheure Fülle dokumentarischen Materials zusammenträgt und die unterschiedlichsten Aspekte beleuchtet und einordnet. Unverkennbar sind seine Sympathien für die Protestbewegung und seine Abneigung gegen die Entpolitisierung, die gesellschaftliche Atomisierung und den Zynismus, die das System Putin hervorgebracht hat. Doch dem Autoren geht Erkenntnis über politische Zweckmäßigkeit und Parteinahme. “Frank Herold im „Tagesspiegel“
Perlentaucher-Rezensionsnotizen (Julian Hans in der Süddeutschen, Ulrich M. Schmid in der NZZ, Reinhard Veser in der FAZ) | Frank Herold in der Frankfurter Rundschau | Jan C. Behrends auf Zeitgeschichte online | Moritz Gathmann in der Moskauer Deutschen Zeitung | Christine Schweitzer in einem Hintergrund- und Diskussionspapier des Bundes für Soziale Verteidigung e.V. | Petra Sturm im Falter
Stimmen zur englischen Ausgabe:
„Das beste Buch, das ich jemals über das heutige Russland gelesen habe. Frei von Stereotypen, feinsinnig und grandios geschrieben.“Karine Clément, Direktorin des Instituts für Kollektives Handeln, Autorin bzw. Herausgeberin u.a. von „Die russischen Arbeiter in den Umwälzungen der Marktwirtschaft, 1989-1999“ (auf Französisch) „Von Normalbürgern zu Aktivisten“ (auf Russisch) „Städtische Bewegungen in Russland in den Jahren 2009-2021“ (auf Russisch)
„kombiniert mitreißende Reportage mit konzeptueller Differenziertheit und führt die Leser durch Protestorte nicht nur in Moskau, sondern in ganz Russland“Benjamin Nathans, Professor für Geschichte an der University of Pennsylvania, in der „New York Review of Books”
„fesselnd“die Redaktion des „European Journal of Cultural and Political Sociology“
Benjamin Nathans in der New York Review of Books | Forum zum Buch in Nationalities Papers | Tom Junes in ab imperio | Inna Perheentupa im European Journal of Cultural and Political Sociology | Graeme Robertson in der Russian Review | Emma Gilligan in Human Rights Quarterly | Aburamoto Mari in Acta Slavica Iaponica
Häufig gestellte Fragen:
Die englische Ausgabe ist doch bloß eine Übersetzung aus dem Deutschen? Also kann ich auch einfach die deutsche Fassung lesen?Warum dieser seltsame Titel: „Putin kaputt“?
Wer hat die Studie finanziert?
Aufsätze
- Protest and Authoritarian Reaction in Belarus: New Subjectivities and Beyond (co-edited with Nelly Bekus). Communist and Post-Communist Studies. September 2023. Vol. 56. No. 3. P. 1-126.
- Introduction to the Special Issue on Protest and Authoritarian Reaction in Belarus: New Subjectivities and Beyond (with Nelly Bekus). Communist and Post-Communist Studies. 2023. Vol. 56. No. 3. September. P. 1-21.
- Critical Discussion Forum: The Sociology of Protest in Belarus—Social Dynamics, Ideological Shifts, and Demand for Change (co-edited with Nelly Bekus). Slavic Review. 2021. Vol. 80. No. 1. P. 1-68.
- Introduction: The Sociology of Belarusian Protest (with Nelly Bekus). Slavic Review. 2021. Vol. 80. No. 1. P. 1-3.
- Belarusian Protest: Regimes of Engagement and Coordination. Slavic Review. 2021. Vol. 80. No. 1. P. 27-37.
- Working Paper: Fine-Tuning Protest Event Analysis: Collecting Participant-Generated Event Data and Protest Slogans in an Internet Age. The PEPS database (with Olga Sveshnikova), www.discuss-data.net.
- COVID-19 in Russia: Mishandling Has Led to Popular Protests but Putin Remains Strong. The Wire (India). 25 July 2020
- republished in The Daily Maverick (South Africa)
- em português (Outras Palavras, Brasil): BRICS: covid escancara os abismos regionais da Rússia
- Regimes of Engagement and Protest in Russia: A Reply to Arnold, Sidorkina, and Shevchenko. Nationalities Papers. Vol. 48. No. 2 (March) 2020. P. 414-418.
- [book review] Olena Nikolayenko. Youth Movements and Elections in Eastern Europe. Cambridge: Cambridge University Press, 2017. Slavic Review, Winter 2018. P. 1097-1098.
- Opposition und Protest in Russland. In: Bundeszentrale für politische Bildung, Dossier Russland, 9.5.2018.
- Are Copycats Subversive? Strategy-31, the Russian Runs, the Immortal Regiment, and the Transformative Potential of Non-Hierarchical Movements. In: Problems of Post-Communism. 2018. Vol. 65. No. 5, p. 297-314. Published online: 29.11.2016.
- abridged version in: Birgit Beumers, Alexander Etkind, Olga Gurova, Sanna Turoma (eds.), The Shrew Untamed: Cultural Forms of Political Protest in Russia. London: Routledge, 2017, 68-89.
- Putin’s regimes. openDemocracy, 10.12.2016
- Sozialprotest. Enzyklopädieeintrag, dekoder.org, 26.7.2016
- Protestbewegung 2011-2013. Enzyklopädieeintrag, dekoder.org, 30.3.2016
- Extremismuszentren. Enzyklopädieeintrag, dekoder.org, 9.12.2015
- Piket. Enzyklopädieeintrag, dekoder.org, 8.12.2015
- Bolotnaja-Bewegung. Enzyklopädieeintrag, dekoder.org, 16.11.2015
- Both your houses. Protest and opposition in Russia and Ukraine. Eurozine, 22.1.2014
- En Russie, les manifestations de curiosité. Le Huffington Post, 11.11.2013
- Gewaltfreier Widerstand. Vergleichende Betrachtungen zu Dynamik und Erfolgsbedingungen. Mittelweg 36 August/September 2012, S. 61-67.
- Gewalt und Gewaltfreiheit in der Bewegung für faire Wahlen in Russland. Mittelweg 36, August/September 2012, S. 68-74.
- Social media, mobilisation and protest slogans in Moscow and beyond. Digital Icons: Studies in Russian, Eurasian and Central European New Media 7 (2012), p. 213-225.
- A Strategy for Russia’s Snow Revolution. Project Syndicate. 5.2.2012. (title chosen by the editors)
- republished in e.g. The Japan Times, Die Welt, The Korea Herald, Daily News Egypt, The Daily Star (Lebanon), The Moscow Times, Times of Pakistan, Gazeta Wyborcza
- Russia. In: Bogdan Szajkowski (Ed.), Revolutionary and Dissident Movements of the World, 4th edition, London: John Harper Publishing, 2004, pp. 414-424.
Interviews
- „Die Proteste haben ein klares Ablaufdatum“. Wiener Zeitung, 9.8.2019
- „Eine klare Botschaft, dass die Leute stillhalten sollen”. Die Zeit, 6.8.2019
- „Man protestiert nicht nur, um strategisch ein Ziel zu erreichen“. dekoder.org, 10.9.2019.
- неавторизованный русский перевод: «Люди протестуют не только ради достижения стратегических целей»
- unverified English translation: “Protesting is not Just About Reaching a Strategic Goal”
- Moskauer Protest – neue Bolotnaja-Bewegung? dekoder, 1.8.2019
- „Viele wenden sich schnell wieder von den Protesten ab”. Nürnberger Nachrichten / Nordbayern.de, 3.1.2017.
- „Russland ist kein exotischer und mysteriöser Einzelfall“. Karandashy.org, 10.11.2015.
- „Wladimir Putin hatte berechtigte Angst“. Die Presse, 15.11.2014.
- „Es wird immer schwieriger, zu protestieren“. Zeitschrift für Kulturaustausch III/2015.
- “El ‘sistema Putin’ es basa en les xarxes clientelistes de l’Estat”. Directa (Barcelona). 11.12.2013. P. 13.
- “Es erróneo presentar la política rusa como una batalla entre el Kremlin y la oposición”. Sin Permiso. 29.12.2013.
- Συνέντευξη με τον Mischa Gabowitsch. x-pressed, December 2013.
- «Не надо стремиться к созданию “общеевропейской памяти”». Новая Эўропа, 20.10.2013. (О протесте — ближе к концу интервью.)
- О «феномене Навального» глазами социолога. День (Киев), 25.7.2013.
- „Neue Vernetzung der Proteste“. Der Standard, 13.7.2013.
- Russlands junge Protestkultur. Ostpol, 16.5.2013.
- Berliner Colloquium “Nonviolent Resistance in History, Theory, and Practice.” Interview zu Konzept und Durchführung. Februar 2012
Video und Audio
Proteste gegen Putin: Russlands neue Bürgerbewegung. SRF, 21.5.2013